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Deutschland > Ems, Ostfriesland > Wangerooge (Alter Turm)

D | Wangerooge (Alter Turm)
53° 47' N | 007° 54' E

Zum Jahreswechsel 1854/55 wurde Wangerooge von einer verheerenden Sturmflut heimgesucht, nach der die Insel nicht mehr wiederzuerkennen war. Das alte Inseldorf war völlig zerstört, viele Insulaner flüchteten von dem verwüsteten Eiland. Das zuständige Großherzogtum Oldenburg zögerte nicht lange und begann noch 1855, die Insel mit umfangreichen Baumaßnahmen zu sichern – die Reste der Insel drohten bei der nächsten Sturmflut endgültig unterzugehen und bedeuteten auch eine große Gefahr für die Schiffahrt. Das galt auch für den vorhandenen Leuchtturm, der stark gefährdet war und einzustürzen drohte. Mehrere Dünendurchbrüche wurden mit kleinen Deichbauten wieder aufgefüllt. Zu den Sicherungsmaßnahmen gehörte nun auch der Bau eines neuen Leuchtturms, für den ein Standort im Osten der Insel mitsamt eines Wärterhäuschens gefunden wurde. Am 1.Oktober 1856 ging er in Betrieb.

Die oldenburgische Regierung klagte stets über die knappen Finanzen, und so waren die plötzlich fließenden Gelder zunächst eine Überraschung. Nicht allerdings in zweiter Hinsicht, denn militärstrategische Aspekte kamen nun ins Spiel. Bereits 1853 erwarb Preussen ein Stück Land am Jadebusen von Oldenburg, um dort 1856 einen Flottenstützpunkt zu gründen und zum wichtigsten kaiserlichen Kriegshafen auszubauen. Kein Wunder also, dass Wangerooge an seiner strategisch wichtigen Position an der Einfahrt des Jadebusens nun einen Leuchtturm »spendiert« bekam und die Sicherung der Insel ausgesprochen wichtig wurde. Der 1830 gebaute Leuchtturm stürzte 1859 tatsächlich ein, während Wangerooge bereits seinen neuen Ersatz betrieb.

Am 27. Mai 1860 erhielten die auf der Insel verbliebenen Wangerooger endlich die Erlaubnis zur Besiedelung des Ostens, nachdem sie ihre Häuser im Westen endgültig dem »Blanken Hans« überlassen mussten. Abermals errichteten sie ihre Häuser um den 30 Meter hohen Leuchtturm herum, der zunächst eine kleine Drehfeueroptik besaß. Die wurde 1878 gegen eine neue größere Optik ausgetauscht, die mit einer Petroleumlampe ausgerüstet war. Immerhin hatte das Feuer eine Tragweite von 20 Seemeilen.

Im Jahre 1896 veränderte der Turm sein Gesicht, als ihm eine neue Laterne aufgesetzt wurde und der Turm dadurch um zwei Meter wuchs. Die bisherige Lampe wurde gegen eine elektrische Bogenlampe ausgetauscht und die neue am 15. Oktober 1896 in Betrieb genommen. Die elektrische Energie wurde per Dampfkraft gewonnen, zwei Dampfaggregate liefen im angeschlossenen Maschinenhaus.

Ein weiteres Mal wurde der Leuchtturm Mitte der 1920er-Jahre umgebaut. Die Bebauung am Strand war mittlerweile so hoch geworden, dass es drohte, den Lichtschein des Leuchtfeuers auf See zu verdecken – also musste auch der Leuchtturm erhöht werden! Die mit einer Kuppel versehene Laterne wurde gegen eine neue ausgetauscht, die auf den nun um sieben Meter erhöhten Turm aufgesetzt wurde und bei dem bekannten Leuchtfeuerhersteller Julius Pintsch in Berlin-Fürstenwalde gebaut wurde. Ein neues Doppelfeuer wurde installiert, das nun auch weniger anfällig gegen Erschütterungen sein sollte – immerhin war Wangerooge seit 1875 ständig ausgebauter strategisch wichtiger deutscher Vorposten für Wilhelmshaven, und entsprechend viele Flak-Batterien waren auf der kleinen Insel schon seit dem Ersten Weltkrieg untergebracht. Der Turm ging nach eineinhalbjähriger Pause am 11. Januar 1927 wieder in Betrieb.

Die veränderten Anforderungen der Seeschifffahrt an das Seezeichenwesen führten ab Mitte der 1960er Jahre zu der schrittweisen Außerdienststellung des Turmes. Für rund 1,7 Millionen DM baute das Wasser- und Schiffahrtsamt bis 1967 den 64 Meter hohen und von Schillig aus ferngesteuerten Neuen Leuchtturm im Westen der Insel, der viele Aufgaben übernehmen sollte und auch als Radarstation dient. Die Leitfeuer des alten Turmes wurden am 10. November 1968 und 7. November 1969 außer Dienst gestellt, ein weiteres Nebenfeuer folgte am 9. Dezember 1969.

Bereits seit 1968 dient der Alte Leuchtturm als Heimatmuseum, als im Juni des Jahres die letzte Wangerooger Dampflok an seinem Fuß aufgestellt wurde. Nach dem Ausbau der Optik dient seine Laterne heute als Aussichtsplattform. Der Turm selbst gehört mittlerweile der Gemeinde Wangerooge. 1980 wurde auch in seinem Inneren das Museum erweitert und stellt heute eine ansehnliche Ausstellung dar. Von der Aussichtsplattform hat man heute bei gutem Wetter eine grandiose Aussicht: Sind die Sichtverhältnisse gut, kann man in der Ferne sogar das 43 Kilometer entfernte Helgoland ausmachen.


Über die Inselbahn von Wangerooge hat Malte ein Buch geschrieben, das auch weitere Informationen zur Insel Wangerooge und der Leuchtfeuergeschichte enthält!

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