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Der alte Westturm von Wangerooge war der erste Leuchtturm an der deutschen Nordseeküste
Der alte Westturm von Wangerooge existierte von 1597 bis 1914.

Unter den erhaltenen Türmen des Mittelalters und dem Beginn der Neuzeit befinden sich auch einige wenige Bauwerke, die nicht als Leuchttürme geplant und gebaut wurden, aber auch keine Sakral- oder öffentliche Profanbauten darstellen. Vielmehr handelt es sich, ähnlich der Baken und Kapen, um Bauwerke, die eigens und vorrangig als Peilobjekt für die Seefahrt errichtet wurden, und dementsprechend ganz den Bedürfnissen der Schifffahrt gestaltet wurden. Obwohl der Bau dieser großen Bauwerke einen unter den damaligen Verhältnissen bewundernswerten logistischen Kraftakt darstellten, entstanden an der Nordseeküste - wo sich die Entwicklung der Leuchtfeuer vergleichsweise spät entwickelte - immerhin drei dieser massiven Seetürme, von denen heute noch zwei existieren. Obwohl dies beim Bau der Türme in keinem Fall geplant war, dienten alle später noch in unterschiedlich langen Zeiträumen als Leuchttürme.

Aus sehr naheliegenden Gründen hatten die Seetürme für die aufkommende Schifffahrt noch einen viel größeren Nutzen als die deutlich kleineren Baken und Kapen. Die massiven und hohen Bauwerke konnten über viele Meilen hinweg erkannt und auseinandergehalten werden und als wichige Landmarken dienen. Gleichzeitig waren die massiven Türme deutlich sicherer vor Wind und Wetter als die Baken und Kapen aus Holz, die ohnehin regelmäßig erneuert werden mussten und nach einer Sturmflut gelegentlich auch »verschwunden« waren. Zumindest bei den beiden jüngeren Exemplaren wurden die Türme auch so ausgerichtet, dass sie wertvolle Hilfe für die Ansegelung von Ansteuerungstonnen gaben.

Die drei deutschen Seetürme sind hier mit Kurzportraits aufgelistet. Ein Klick auf den Link führt zu der jeweiligen Portraitseite dieser Webseite:

Seetürme an der deutschen Küste
Bauwerk Bauzeit nachträgl. Leuchtfeuer Geschichte
Neuwerk 1299 - 1310 1814 - heute Auf Veranlassung Hamburgs offiziell erbaut zur Warnung vor Scharhörnriff, inoffiziell als Wehrturm zur Kontrolle der Elbmündung. Ab 15. Jhdt. Peilobjekt i.V. mit Kapen und Blüse. 1814 Abtragung des Walmdachs und Aufbau eines neuen Dachs mit Laternenaufsatz. Heute das älteste erhaltene deutsche Seezeichen und ältester noch aktiver deutscher Leuchtturm.
Borkum 157x - 1576 1818 - 1879 Auf Veranlassung Emdens als Ersatz für zu niedrigen Glockenturm mit 41 m Höhe erbaut. Peilobjekt für Ansteuerungstonne Osterems mit Hilfe zweier Mauerdurchbrüche im oberen Stockwerk. 1816/17 Abbau des 9 m hohen Keildachs, 1817 Installation eines Laternenaufsatzes. Ab 1871 Peilobjekt i. V. mit Kaps für Ansteuerungstonnen. 1879 Zerstörung durch Brand, Ersatz durch Neuen Leuchtturm. Reparatur ab 1881, Weiterverwendung u.a. als Marinestation. Restaurierung des Turms ab 1982.
Wangerooge 1597 - 1601 1624 - 1630 Auf Veranlassung Oldenburgs (auf Drängen von Bremen) zur Markierung der Jade- und Wesermündung als 60 m hoher Backsteinbau gebaut. Genaue Ausrichtung in Nord-Süd-Richtung. Zwei schiefergedeckte Spitzen dienten als Peilobjekt für Weser-Ansteuerungstonne. Ab 1624 Leuchtfeuer in der Nordspitze als erstes Leuchtfeuer in der Deutschen Bucht, kurz darauf Bau einer Mittelspitze mit Laterne. 1630 Löschung des Feuers. 1914 aus »strategischen Gründen« gesprengt.

Auch an der flandrischen Küste sowie im Ostseeraum wurden bereits früh einige Seetürme errichtet, die allerdings von Anbeginn an auch als Leuchtfeuer geplant und gebaut wurden. Gutes Beispiel hierfür ist der an den Borkumer Turm erinnernde Brandaris auf der westfriesischen Insel Terschelling aus dem Jahre 1594, auf dessen (damals vorhandenem) Spitzdach eine Kerzenlampe aus einer Laterne schien, oder der in Estland stehende Turm Köpu. Beide sind zwar auch Seetürme, vorrangig aber als eine der frühen Leuchttürme einzuordnen (siehe Rubrik Historie: Die Geschichte der Leuchttürme). Die Liste ließe sich beliebig fortsetzen.

Die beeindruckenden Bauwerke lassen nur ansatzweise erahnen, welch enormer Aufwand schon zu dieser Zeit für solche Bauwerke betrieben werden musste. Es lag daher auf der Hand, den Seetürmen auch andere Funktionen zuzuordnen, so dass eine gemeinsame Nutzung als Festung, Gefängnis, Vorratslager und Kirche nicht ungewöhnlich war. Wenn Sturmfluten an der Küste tobten, waren diese Türme die oft einzigen sicheren Zufluchtsorte für die Menschen. Überhaupt waren die Grenzen zwischen Kirchtürmen und Seetürmen oft fließend: In vielen Fällen ist es überliefert, dass einsturzgefährdete Kirchtürme vor allem auf Druck der Seefahrer wieder aufgebaut oder saniert werden sollten, wenn es an den oft gleichförmigen Küstenabschnitten (siehe auch Geschichte der Seezeichen) an markanten Orientierungspunkten mangelte. Bekanntes Beispiel hierfür ist z.B. an der Wesermündung der Ochsenturm bei Imsum.

In vielen Fällen wurde ein älterer Turm durch einen deutlich höheren Kirchturm ersetzt, damit dieser auch als Landmarke dienen kann. Vor allem an der heute niederländischen Küste fallen einige außergewöhnlich große Kirchtürme besonders auf, wie zum Beispiel der 1482 mit einer Höhe von 57 Metern fertiggestellte Turm der St. Catharijne-Kerk bei Brielle oder der 1470 fertiggestellte 45 m hohe Turm der St. Willibrordus-Kirche von Westkapelle. Beide Türme dienten später ebenfalls noch als Leuchttürme, der Westkapeller Turm auch heute noch.

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