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D | Pilsum
53° 30' N | 007° 03' E

In den Jahren 1889 bis 1891 wurde die Emsmündung umfangreich befeuert. Zur Ansteuerung von See aus existierten bereits seit mehreren Seezeichen auf Borkum, nun gesellte sich mit dem markanten Leuchtturm Borkum (kleiner bzw. elektrischer Turm) ein großes Leitfeuer hinzu. Für die darauffolgende Fahrt durch das Randzelgat entstand das Leitfeuer Campen, außerdem wurden zu diesem Zeitpunkt zwei kleinere Leuchtbaken (Außenrandzel und Binnenrandzel) gebaut. Von diesen Feuern ist heute (neben dem großen Seefeuer auf Borkum) nur noch der Leuchtturm Campen als Seezeichen aktiv.

Für die weitere Ansteuerung der Ems wurden 1889 auch noch drei weitere Leuchttürme Pilsum , Delfzijl und Watum (die beiden letzteren auf der niederländischen Seite der Ems) gebaut, die beide als Leitfeuer die Aufgabe hatten, den Schiffsverkehr ungefähr ab Höhe der Leuchtbake Binnenrandzel östlich um die Sandbank Emshörn herumzuführen. Der Pilsumer Leuchtturm gehört heute trotz seines eher simplen Erscheinungsbildes zu den bekanntesten Leuchttürmen Deutschlands.

Der 11,2 m hohe und dreigeschossige Turm stand allerdings nur zwischen 1889 und Juni 1915 in Betrieb. Nach Kriegsende wurde er 1918 kurz reaktiviert, aber schon im Oktober 1919 wegen der mittlerweile stark fortgeschrittenen Fahrwasserversandung wieder gelöscht. Das Feuer wurde mit einer Petroleumdochtlampe erzeugt, die Anfang 1900 gegen ein Petroleumglühlicht und eine Optik ausgewechselt wurde. Als Leitfeuer zeigte der Leuchtturm sein weißes und bis zu 12 Seemeilen weit sichtbares Licht in drei Sektoren. Während im Fahrwasser ein Festfeuer gezeigt wurde, wurden die beiden Warnsektoren mit einfachen oder zweifachen Blitzen gekennzeichnet. Die Blitzkennung durch Otterblenden wurde durch ein Uhrwerk erzeugt.

Wer heute mit der Fähre in der Emsmündung zwischen Borkum und Emden unterwegs ist, bekommt den Pilsumer Leuchtturm kaum noch zu sehen. Dies liegt an den umfangreichen Fahrwasserveränderungen, die zwischenzeitlich eingetreten sind. Heute durchfahren die von Borkum einfahrenden Schiffe das Randzelgat und das anschließende Dukegat gradlinig, wobei sie im Leitfeuer des Leuchtturms Campen bleiben können. Die Sandbank Emshörn ist dabei nun kein Hindernis mehr, im Jahre 1889 war das aber noch anders: Hier befand sich die Sandbank weiter südwestlich und konnte nicht überfahren werden. Die Fahrrinne führte daher ab Höhe der Leuchtbake Binnenrandzel viel weiter östlich um das Emshörn herum, wobei insgesamt drei (heute nicht mehr notwendige) Kurskorrekturen vorgenommen werden mussten, die durch den Leuchtturm Pilsum, aber auch durch das auf niederländischer Seite stehende Leitfeuer Delfzijl bezeichnet wurden. Bei der Wiederinbetriebnahme des Turmes im Jahre 1918 stellte man nach Peilungsarbeiten im August 1919 fest, dass sich die Lage der Sandbank nach Nordosten verschoben hatte und die Fahrrinne im Leitfeuer Pilsum unpassierbar wurde, worauf dieser umgehend abgeschaltet wurde. Gleichzeitig gab die verschobene Sandbank aber die direkte Fahrtroute des Leitfeuers Campen frei, wodurch sich die Fahrtzeit der Schiffe deutlich verringerte.

Der Leuchtturm Pilsum überdauerte die folgenden Jahrzehnte als Tagesmarke. Der vollständig rot gestrichene Turm wurde 1973 restauriert und erhielt den markanten »Ringelsocken«-Anstrich mit gelben und roten Farben. Die ursprünglich angebrachte Reinigungsgalerie wurde dabei abgenommen und ein zusätzliches Fenster eingebaut. Die Zugangstür zur Galerie wurde dagegen verschlossen. In den folgenden Jahren wurde er eine Art Wahrzeichen der Region. Richtige überregionale Bekanntheit erlangte das Gebäude jedoch erst mit der Otto Waalkes-Komödie »Otto – Der Außerfriesische«: In dem Film wohnt Otto in dem Leuchtturm, der einer Raketenteststrecke (!) weichen soll... Wer die Kommentare der Touristen zu diesem filmischen Meisterwerk lesen wollte, hatte lange Zeit auf dem Turmschaft selbst dazu Gelegenheit.

Bei der Vermarktung des Leuchtturms bekam der Pilsumer Turm noch weitere Filmauftritte, so in dem Sequel »Otto – Der Katastrophenfilm« oder in dem NDR-Tatort »Sonne und Sturm« (Erstausstrahlung am 02.11.2003). Hierfür wurde der Leuchtturm auch vom Graffiti befreit und erhielt drehbuchgerecht einen kleinen Mini-Balkon.

Vielen Dank an Hinrich Gerresheim für zahlreiche ergänzende Informationen und Korrekturen.
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