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Deutschland > Ems, Ostfriesland > Borkum (Elektrischer Turm)

D | Borkum (Elektrischer Turm)
53° 35' N | 006° 40' E B 0972

Der westlichste Leuchtturm Deutschlands steht an der Westseite der Insel Borkum und strahlt in einem auffälligen rot-weißen Anstrich. Er befindet sich hinter der Dünenkette südlich des Ortskerns von Borkum und ist von dort mit einem 15-minütigen Fußmarsch gut zu erreichen. Am 11. August 2003 erlosch das Leuchtfeuer dieses Turms endgültig, nachdem das zuständige Wasser- und Schifffahrtsamt zunehmend die Unterhaltung des Feuers in Frage stellte. Der Leuchtturm dient aber weiterhin als wichtiges Bindeglied in der deutsch-niederländischen Radarüberwachung der Emsmündung und ist damit nach wie vor unentbehrlich.

Kleiner Leuchtturm Borkum bei Nacht. Rechte: M. Werning | leuchttuerme.net
Seit 2003 ist der Kleine Leuchtturm inaktiv, doch als Radarstation ist er weiterhin unentbehrlich. Bei Nacht wird der Turm eindrucksvoll angestrahlt..
Ehemaliges Leitfeuer. Rechte: M. Werning | leuchttuerme.net
Das zuletzt gezeigte Präzisionssektorenfeuer strahlte nur aus dem kleinen Loch, das man in der Mitte der Laterne erkennen kann.
Alte Kuppel des Kleinen Leuchtturms. Rechte: M. Werning  | leuchttuerme.net
Die alte Kuppel des Elektrischen Leuchtturms wurde 1968 abgenommen, als der neue Radaraufsatz aufgesetzt wurde. Sie ist heute im Borkumer Heimatmuseum ausgestellt.
Stahlplatten. Rechte: M. Werning | leuchttuerme.net
K. Rechte: M. Werning | leuchttuerme.net
Der Elektrische Leuchtturm entstand als »Bausatz« mit Stahlplatten der Isselburger Hütte. Jede Segmentreihe trägt einen anderen Buchstaben, beginnend mit »A« auf Bodenhöhe.

Mit der umfangreichen Emsbefeuerung in den Jahren 1887-1891 entstand auch dieser Turm (und u.a. die heute noch existierenden Leuchtbaken bzw. -träger Binnenrandzel, Campen, Pilsum, Knock), um der Schifffahrt den Weg in die westliche Einfahrt der Emsmündung zu weisen. 1886 vergab die Wasserbauinspektion Emden den Bauauftrag an die Isselburger Hütte, die sich später noch durch den Bau weiterer großer gusseiserner Leuchttürme einen Namen machen sollte: Dieser Hersteller zeichnete später auch für die bekannten Türme von Westerheversand, Pellworm, Hörnum, Büsum und Falshöft verantwortlich, die allerdings bereits in runder Form gegossen wurden.

Die Segmentteile mit einer Wandstärke von 27 mm wurden vor Ort auf einem drei Meter hohen Grundmauerwerk aufgebaut. Markant war die zweistöckige Laterne, die nur in Richtung Westen einen Lichtaustritt besitzt. Die runde Turmkuppel oberhalb der Laterne hatte grüne Farbe, der Turmschaft trug ansonsten schon damals seinen markanten rot-weißen Anstrich.

Sein Feuer wurde 1891 erstmals gezündet. Der Leuchtturm sollte eine bewegte Geschichte bekommen: Von Anfang an wurde eine elektrische Lichtquelle installiert, weshalb die Borkumer Insulaner ihm rasch den Beinamen »elektrischer Turm« zukommen ließen, oder in Hinblick auf den 1879 entstandenen Leuchtturm in der Ortsmitte »Kleiner Leuchtturm«. Bis 1940 lautete die offizielle Bezeichnung allerdings Neuer Leuchtturm, danach Borkum Leitfeuer. Dies war gleichzeitig der erste in Deutschland betriebene Leuchtturm mit elektrischer Energieversorgung. Für die Stromerzeugung wurde eigens ein Maschinenhaus errichtet, in dem bis 1906 Dampfmaschinen Generatoren antrieben. Danach wurde die Stromerzeugung von zwei stehenden, einzylindrigen 12 PS-Dieselmotoren übernommen.

Für den Turm wurde eine 1,20 m hohe Fresneloptik gebaut, die an der hinteren Wand isntalliert wurde. Da nahe des Lichtaustritts Otterblenden zur Erzeugung der Kennung eingebaut wurden, sollten zur scharfen Sektorenabgrenzung möglichst viel Platz zwischen Lampe und den Blenden bleiben.

Insgesamt wurde der Leuchtfeuerbetrieb sehr kostspielig. Mit der elektrischen Energie betraten die Verantwortlichen unbekanntes Land, die damaligen Anlagen verlangten die ständige Aufmerksamkeit der Wärter. Auch der Betrieb der Dampfmaschinen verlangte hohen logistischen Aufwand, weswegen der Leuchtturm zeitweise auch Anschluss durch die Inselbahn zur besseren Kohlenversorgung erhielt.

Zur Erprobung eines drahtlosen Schiffsmeldedienstes wurde Ende 1899 eine umfangreiche Sendestation neben dem Turm erbaut und am 28. Februar 1900 das erste Seefunktelegramm im Turm empfangen. Hierdurch wurde es möglich, eine Verbindung zum 35 km entfernt auf Position liegenden Feuerschiff Borkumriff aufrecht zu erhalten und das Passieren jedes Ozeandampfers vorab mitzuteilen. In den folgenden Jahren entwickelte sich die Funktechnik mit Riesenschritten weiter.

1925 wurde die bisher verwendete Kohlenbogenlampe durch eine Nitrat-Projektionslampe ersetzt, die deutlich zuverlässiger funktionierte. 1937 schließlich fertigte die Goslarer Firma Weule eine neue Optik.

1966 wurde die Ems für die nächste Generation der Seeüberwachung vorbereitet und das Radar in größerem Umfang eingeführt. Hierzu wurde die markante Kuppel des Leuchtturms abgenommen und statt dessen der heutige Radaraufsatz montiert. Gegenüber des Turms wurde 1968 eine Radarstelle eingerichtet mit Richtfunkmast eingerichtet. Die Radarkette wird mittlerweile von den Stationen Eemshaven (NL), Knock und Wybelsum unterstützt, die Revierzentrale befindet sich dabei im Radarturm Knock.

1983 veränderte sich das Feuer des Turms weiter, als die breit gefächerten Leitsektoren des Turms durch ein einzelnes Präzisionssektorenfeuer ersetzt wurde. Hierfür wurde zwischen die beiden Leitfeuerbereiche der Laterne ein kleines rundes Loch geschnitten, das deutlich an der Laterne erkennbar ist.

Über viele Jahre gehörte auch ein Wasserstandsanzeiger zum gewohnten Bild des Kleinen Leuchtturms auf Borkum. Ansonsten veränderte das markante Bauwerk südwestlich der Ortschaft sein Gesicht nicht weiter und wirkt auch heute noch recht modern. Gemeinsam mit dem Leitfeuer des 1879 erbauten Neuen Leuchtturmes leitete dieses Feuer die Schiffe auf Borkum zu, bis das Leitfeuer Campen das weitere Fahrwasser in die Emsmündung markierte. Zeitweise diente der Turm auch als Quermarkenfeuer für die Anpeilung des Campener Feuers.

Nach einer Verschiebung des Fahrwassers musste das Feuer, wie eingangs erwähnt, 2003 außer Betrieb genommen werden, da das Hubertgat kaum noch für Schiffe passierbar ist. In der Presse wurde kurzzeitig eine »Drehung« der Laterne zum Ort hin aus touristischen Gründen diskutiert, doch erwies sich dieses Vorhaben als nicht durchführbar. Im Herbst 2006 begannen Sanierungsarbeiten an dem Bauwerk, bei dem es auch einen neuen Außenanstrich erhielt.

Literatur zum Thema bieten die Bücher von Gregor Ulsamer:

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